Sonntag, 7. April 2013

REZENSION: "Alles muss versteckt sein" von Wiebke Lorenz

Als Marie morgens neben ihrem Geliebten Patrick aufwacht, liegt dieser mit aufgeschnittener Kehle in einer riesigen Blutlache in seinem Bett.
Maries blutverschmierte Hände umklammern noch immer die Tatwaffe...
Alles deutet auf Marie als Täterin hin, doch diese kann sich an nichts erinnern.
Trotzdem glaubt sie  selber an ihre Schuld, denn das Szenario ist ihr durchaus nicht fremd.
In ihren Gedanken hat sie es schon oft durchlebt, sich jedes Detail ausgemalt...wieder und wieder und immer wieder.....
Denn Marie leidet nach einem schrecklichen Schicksalsschlag an einer Zwangserkrankung und wird regelmäßig von brutalen Gewaltvorstellungen heimgesucht. Doch "Denken ist nicht tun" beruhigt sie ihre Internetfreundin Elli....Oder etwa doch???

"Alles muss versteckt sein" - wie genial dieser Titel ist, merkt der Leser erst wirklich, wenn er das Buch gelesen hat.
Wiebke Lorenz bettet das Thema Zwangserkrankungen geschickt in ihren Psychothriller ein und legt die Seele einer Betroffenen blank.
Marie ist eine bis vor kurzer Zeit mitten im Leben stehende Frau, die durch eine persönliche Leiderfahrung vollkommen aus der Bahn geworfen wird.
Mit ihren Seelenqualen fühlt sie sich völlig allein gelassen, niemandem kann sie sich anvertrauen.
Selbst ihre eigene Mutter wehrt entsetzt ab, als Marie Andeutungen macht....
Nur in einem Internetforum findet sie den nötigen Zuspruch.

Wiebke Lorenz bringt uns ihre Protagonistin Marie sehr nahe, indem sie uns perfekt in deren Gedanken- und Gefühlswelt abtauchen lässt.
Wir erleben Marie als Mensch, nicht als Monster, auch wenn wir uns nicht nur mit ihrer psychischen Erkrankung auseinandersetzen müssen, sondern ebenfalls mit der Tat, die sie offensichtlich begangen hat.
In Rückblicken lässt die Autorin Marie selbst erzählen, wie es dazu kommen konnte, und wir lesen so eine absolut spannende Geschichte, die trotzdem noch genug Raum für eigene Spekulationen lässt.

So flog ich förmlich von einem Kapitel zum nächsten, gespannt auf das Ende, das ich dank der absolut realistischen Beschreibungen in wirklich jeder Richtung vermutete...
Tatsächlich wurde ich diesbezüglich noch einmal überrascht, ganz hundertprozentig überzeugen konnte es mich aber nicht.

Dies bleibt allerdings die für mich einzige kleine Schwachstelle des Buches. Insgesamt ist die Geschichte gut durchdacht und schlüssig.

Wiebke Lorenz ist somit nicht nur ein intelligenter und mitreißender Psychothriller gelungen, sie weist auch auf die Tabuisierung von psychischen Erkrankungen hin, wie sie heutzutage leider noch immer praktiziert wird und den Betroffenen ein Leben mit und auch nach ihrer Erkrankung erheblich erschwert.

"Alles muss versteckt sein" ist kein Buch, das man nach Beendigung der Lektüre einfach so beiseite legt und vergisst...
Abgesehen von seinem hohen Unterhaltungsfaktor zwingt es den aufmerksamen Leser förmlich dazu, sich mit der geschilderten Problematik von psychischen Erkrankungen, insbesondere von Zwängen jeglicher Art, auseinanderzusetzen.
Denn was in Wiebke Lorenz' Geschichte eindrucksvoll an Maries Schicksal geschildert wird, kann jeden von uns treffen....auch, wenn wir das jetzt nicht glauben wollen!

Kurz und knapp:
Intelligente Spannung, die nachdenklich macht....


Aenna                            

5 Kommentare:

  1. Das Buch war mein Highlight 2012! Es hat mir super gut gefallen!
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Ja, ich bin auch schon gespannt auf "Allerliebste Schwester" von Wiebke Lorenz.
      Kennst Du das schon?

      Liebe Grüße
      Aenna

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  2. Dieses Buch wurde mir vor kurzem ans Herz gelegt und wenn ich deine Meinung zum Buch so lese, dann ist das wohl ein Must-Read.
    Bin gespannt, ich bestelle es auf jeden Fall.
    Liebe Grüße, Iris

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    1. Du wirst es nicht bereuen...:o)))

      Liebe Grüße
      Aenna

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  3. Klingt wirklich toll! Aber bei dem Cover hätte ich dem Buch vermutlich auch so Beachtung geschenkt.
    Liebe Grüße

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