Dienstag, 5. November 2013

REZENSION: "Todesengel" von Andreas Eschbach

Ein alter Mann wird auf dem Bahnsteig von zwei Jugendlichen angegriffen...
Grundlos schlagen sie ihn zusammen, und er denkt, es muss sterben....
...bis plötzlich, wie aus heiterem Himmel, eine weiße Gestalt auftaucht.
Hell leuchtend, fast strahlend steht sie da....und schießt seine Peiniger nieder!

Niemand glaubt dem alten Mann. Stattdessen gerät er - als ehemaliger Grenzer - erst einmal selbst in den Verdacht, seine Angreifer getötet zu haben.

Bis der "Todesengel" erneut in Erscheinung tritt und auch die Polizei die Augen nicht mehr verschließen kann....

Der - bis dato nicht sehr erfolgreiche  -  Journalist Ingo Praise sieht seine Chance gekommen, die Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft aufzuzeigen und - Karriere zu machen!
Er publiziert Fälle, in denen die Opfer zum Täter gemacht wurden, gibt Menschen eine Plattform, die nur helfen wollten und dafür bestraft wurden, und setzt somit eine brisante Diskussion über Selbstjustiz in Gang....

Die Leichtigkeit, mit der sich  Todesengel  lesen lässt, täuscht erst einmal über die ernsthafte Thematik des Romans hinweg.
Darf ein Mensch Selbstjustiz üben?
Warum werden Täter zu Opfern gemacht, warum beherzte Helfer zu Tätern?
Sollte man lieber seine Augen verschließen vor Gewalt und Unrecht, um nicht selber in den Fokus der Justiz zu geraten?

Man fliegt regelrecht durch die Kapitel und geht zunächst konform mit den Protagonisten.
Erst später werden die Gefühle gemischter, ergibt sich der Zwiespalt....setzt das Nachdenken ein.
Wie im wahren Leben, wo man sich vielleicht auch erst mit der Menge mitreißen lässt und erst viel später den Kern der Sache erkennt.

Eschbach deklariert seine Figuren ausreichend, gibt ihren Persönlichkeiten aber nicht zu viel Tiefe.
In "Todesengel" steht ganz klar die Sache im Vordergrund, verpackt in einer für mich absolut mitreißenden, aber auch verstörenden Geschichte.
Einer Geschichte, die uns über Gerechtigkeit nachdenken lässt, über Schicksal, aber auch über die Macht der Medien.
Einer Geschichte, die bei ihren Lesern wirklich ankommt....

Andreas Eschbach durfte ich bereits auf einer Lesung zu seinem Buch "Herr aller Dinge" live erleben.
Der Autor beeindruckte mich damals sehr mit seinem eher bescheidenen, sympathischen Auftreten und seinen klugen und humorvollen Äußerungen.
Dennoch ist "Todesengel" tatsächlich das erste Buch, das ich nun von ihm gelesen habe.
Es hat mich berührt, und es hat mich neugierig gemacht auf weitere Geschichten aus der Feder des Autors...
So wird es definitiv nicht das Letzte bleiben.


             Kurz und knapp:
Leicht zu lesende Lektüre mit brisanter und berührender Thematik...
       

                                   
Aenna