Samstag, 26. Februar 2011

Rezension: "Dornrose" von Jane Yolen

"Es war einmal, in fernen Zeiten, niemals oder nimmerdar, doch nie den besten aller Zeiten...da stand im Wald ein Schloss..."
So beginnt das Märchen, das Becca schon als kleines Mädchen von ihrer Großmutter Gemma erzählt bekommen hat. Unzählige Male hat sie seitdem die Geschichte von Prinzessin Dornrose gehört, Wort für Wort ist ihr im Gedächtnis geblieben. 
"Ich bin Dornröschen"
offenbart Gemma nun auf ihrem Sterbebett ihrer Enkelin und nimmt ihr das Versprechen ab, besagtes Schloß zu suchen...
Mit Gemmas Tod wird auch das Geheimnis ihrer Herkunft begraben. Bestürzt stellt die Familie fest, das sie nicht einmal Gemmas wirklichen Namen kennt, geschweige denn die Umstände, unter denen sie zu Kriegszeiten als Jüdin in die USA gelangt ist.
Becca hält ihr Versprechen, und mit den wenigen Hinweisen, die sie in einer alten Truhe ihrer Großmutter findet, begibt sie sich auf die Suche nach den Wurzeln ihrer Familie.
Sie folgt den Spuren von Dornröschen...


In der ersten Hälfte des Buches erfahren wir abwechselnd kapitelweise zum einen das gegenwärtige Geschehen mit Becca als Protagonistin, zum anderen , nach und nach, Gemmas Version von "Dornröschen".
Dem Leser wird so ermöglicht, selbst zu kombinieren und Stück für Stück, gemeinsam mit Becca, die Geschichte zu verstehen.
Eine Geschichte, die uns zum Holocaust führt. 
Eine Geschichte, die uns in der zweiten Hälfte des Buches niemand besser erzählen kann als ein Zeitzeuge, ein Überlebender, den Becca ausfindig macht und dessen Erinnerungen abschließend für mehr Licht im Dunkel sorgen.
Wer bis hierhin noch nicht gefesselt ist von Jane Yolens "Dornrose", den packt es spätestens jetzt, wenn die Fakten in einem Stück und ungeschönt berichtet werden. Mit Ungläubigkeit und Entsetzten sieht der Leser all die Tatsachen bestätigt, die er doch lieber verdrängen würde. 
Er sieht sich den Gefühlen der Betroffenen ausgesetzt, die er niemals auch nur ansatzweise nachempfinden kann.
Er erkennt, wie nah die Geschehnisse für den Einzelnen noch sein können,  die für andere längst nur noch Geschichte bedeuten.
Trotzdem die Story von Becca und Gemma fiktiv ist (nur die Schauplätze gibt es wirklich), hat die Autorin es geschafft, ein authentisches Buch vorzulegen. Alles könnte auch so geschehen sein....
"Dornrose" wurde als Jugendbuch herausgegeben und ist als solches recht anspruchsvoll.
Yolens Schreibstil  sowie der geschickte Aufbau der Geschichte lässt das Lesen zu einem Genuss werden, und auch die Übersetzung finde ich sehr gelungen!
Das Buch hat mich persönlich ausgesprochen berührt und wird auch sicher noch eine Weile "nachhängen".
Der amerikanische Autor Jay Neugeboren schreibt über dieses Buch:
"Yolen kombiniert die Magie des Märchens mit dem Alptraum der Geschichte und schreibt so einen erschütternden und erschütternd schönen Roman."
Und damit trifft er es auf den Punkt, besser kann man es nicht beschreiben. 
"Dornrose" ist eines dieser ganz besonderen Bücher und bekommt meine uneingeschränkte Empfehlung!


                                                       
Aenna


Vielen Dank an den Berlin Verlag/Bloomsbury für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

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